Was sind Grundannahmen
Von Geburt an sind alle Menschen mit der Fähigkeit ausgestattet, jedwedes Gefühl zu empfinden. Zu diesem Zeitpunkt verfügen wir noch über keine Einschränkungen, schlechte Erfahrungen oder Fehleinschätzungen. Unsere Eltern geben ihre Erziehung von den eigenen Eltern und gemachte Erfahrungen, wie sie das Leben gemeistert haben, weiter und lehren uns im Laufe der Zeit was (aus ihrer Sicht) gut und schlecht ist.
Wir lernen wann unser Verhalten positiv/richtig ist (Lob) z.B. „Dass hast du gut gemacht. Erst nach rechts und dann nach links schauen, wenn du die Straße überquerst“ und wann es negativ/falsch ist (Bestrafung) z.B. „Ich habe dir gesagt, spiel nicht mit dem Feuerzeug“.
Mit der Sprachentwicklung lernen wir unsere Gefühle und Verhalten zu bewerten. In unserer Kindheit lernen wir also Verhaltensweisen durch unsere Eltern in denen wir gelobt oder bestraft werden, so lange bis ein unerwünschtes Verhalten (z.B. nicht mit dem Feuerzeug spielen) nicht mehr gezeigt wird. Dass nennt sich Konditionierung.
D.h. wir übernehmen teilweise, ohne Hinterfragung, die Sichtweise der Eltern.
Aus all diesen Werten, Vorgaben, eigenen Erfahrungen, Ritualen usw. entstehen im Laufe des Lebens unsere eigenen Filter und unsere eigene Sicht auf die Welt.
Diese situationsübergreifenden und generellen Schemata über sich selbst, über andere und die Welt schieben sich wie ein Filter zwischen der eigenen Wahrnehmung und der Realität. So wie wir das Leben sehen, so ist es. Es entstehen Grundannahmen.
Eine häufige negative Grundannahme, wie zum Beispiel: “Ich bin nicht gut genug” durchdringt oftmals große Teile des Denkens, Fühlens und Verhaltens.
Entsprechend blenden wir (unbewusst) alles aus, was nicht dazu passt und konzentriert uns auf die Erfahrungen, die diese Grundannahme bestätigen.
Automatische Gedanken
Gedanken begleiten uns auf Schritt und Tritt. Wir fühlen uns oft durch sie gut und doch noch öfter schlecht. Viele Probleme entstehen aus negativen automatischen Gedanken.
Automatisch werden sie genannt, da wir diesen Gedanken schon so oft gedacht haben, dass wir ihn nicht mehr bewusst denken, sondern dieser Gedanke sich wie von selbst denkt.
Automatische Gedanken laufen sehr schnell, unbewusst und ohne dass wir sie bemerken. Automatische Gedanken sind wie ein scheues Reh: Unbewusst da und so schnell wieder weg, ohne dass wir es richtig bemerkt haben oder greifen können. Die meisten Menschen können sich nicht bewusst an einen automatischen Gedanken erinnern.
Wie du deine eigenen automatischen Gedanken erkennst
Hier findest du ein paar Beispiele/Merkmale, wie du deine eigenen automatischen Gedanken erkennen kannst
- Bei automatischen Gedanken handelt es sich beispielsweise um Wörter, Bilder (Vorstellungen), Sätze, die einer Person durch den Kopf gehen.
- Automatische Gedanken werden häufig durch ein inneres (z.B. Körperwahrnehmung) oder äußeres Ereignis (z.B. Gespräch mit dem Vorgesetzten) ausgelöst.
- Sie beziehen sich also in der Regel auf bestimmte Situation.
- Automatische Gedanken sind Kognitionen, die sich unfreiwillig einstellen (aufdrängend), schnell ablaufen oder blitzartig auftreten (= automatisch).
- Automatische Gedanken sind für die Person, die sie in diesem Moment denkt, logisch und fühlen sich richtig an, auch wenn dieses Denken für andere Menschen nicht unbedingt nachvollziehbar oder vernünftig ist.
- Automatische Gedanken ziehen entsprechende Emotionen und bestimmtes Verhalten nach sich.
Auslöser von automatischen Gedanken
Automatische Gedanken können durch vieles ausgelöst werden. Häufig sind es Erinnerungen, unser Job, die Familie oder Freunde, aber auch Nachrichten.
Je nachdem wie das eigene (gelernte) Selbstbild / Sicht auf die Welt und auch die Situation sich darstellt, kann es in uns z.B. so denken:
„Die Ganze Welt ist schlecht und dem Untergang geweiht. Mein Nachbar ist ein boshafter Mensch, ich erkenne dass sofort. Schlechtes trifft immer mich. Ich kann mich in meinem Job abrackern wie ich will und bekomme nie eine Anerkennung.“
Diese schnell ablaufenden Gedanken ziehen häufig entsprechende Gefühle mit sich wie z.B. Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Neid, Ärger, Wut oder Angst.
Und diese Emotionen lösen wiederum weitere negative Gedanken aus, die wiederum die negativen Emotionen verstärken. Die Person befindet sich in einem Teufelskreislauf aus negativen automatisch ablaufenden Gefühlen und Gedanken, die wiederum ein entsprechendes Verhalten auslöst.
Da automatische Gedanken zum größten Teil unbemerkt ablaufen, können wir gar nicht richtig sagen, warum wir uns „plötzlich“ schlecht fühlen. Das Verhalten, was aus den negativen Gefühlen und Gedanken resultieren kann ist, z.B. dass wir rumbrüllen, lügen, trotziges Verhalten an den Tag legen, manipulieren oder um uns abzulenken/zu beruhigen übermäßig Alkohol trinken, zu viel Sport treiben oder uns in Arbeit stürzen. Wir suchen bevorzugt die Schuld bei anderen Menschen oder in anderen Situationen.
Automatische Gedanken – Ein Beispiel
Ich möchte dir noch ein Beispiel zu automatische Gedanken geben:
Die Bankangestellte Kerstin hat ein geringes Selbstbewusstsein und glaubt wenig an die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen. Ihr Vorgesetzter ist ein überaus strenger Chef und setzt viel Einsatz in den täglichen Arbeiten bei seinen Mitarbeitern voraus. Kerstin befindet sich daher im innerlichen Dauerstress. Dieser Stress erhöht sich, wenn sie von ihrem Chef eine Aufgabe zugeteilt bekommt und ihr negatives Selbstbild sich ihr „offenbart“. Hier ihre automatischen Gedanken:
„Oh man, jetzt habe ich schon wieder so eine doofe Aufgabe bekommen. War klar, dass ich die Aufgabe bekomme. Er weiß, dass ich doof bin und testet mich. Ich kann dass einfach nicht. Ich kann mich auch nicht erinnern, wie ich, dass beim letzten Mal gemacht habe. Ich bin so eine Versagerin. Die anderen schauen nur und freuen sich, dass ich wieder mal nichts gebacken bekomme. Ich muss, dass irgendwie hinbekommen, ohne dass ich mich bis auf die Knochen blamiere und wieder eine „Predigt“ bekomme, wie toll der Chef diese Aufgabe selbst erledigt hätte.“
Der Anruf des Vorgesetzten, dass sie bitte in sein Büro kommen soll, damit er ihr die Aufgabe erklären kann, löst Angst, Schwitzen, nervöses Flattern im Magen und Übelkeit aus.
Nachdem Kerstin aus dem Büro vom Vorgesetzten raus ist, geht sie sofort zur Toilette und weint.
Kerstin ist fest davon überzeugt, dass es ihr besser gehen würde, wenn sie einen anderen Chef hätte oder die Arbeitskollegen ihr mehr helfen würden, ihre Arbeit besser zu machen…
Kerstin kann nicht erkennen, dass es sich um einen Trugschluss handelt, da ihre gewohnten Gedanken und Gefühle (ihr Selbstbild) automatisch und unbemerkt, in ihr ablaufen.
Sie kann ihre Gedanken weder „ansehen“ noch stoppen oder auf den Wahrheitsgehalt/Realität überprüfen. Kerstin ist ihren Gedanken „ausgeliefert“ und in alten negativen Gefühls- und Verhaltensmustern gefangen.
Wie du mit Achtsamkeit Abstand von automatischen Gedanken bekommst
Jeder von uns war schon mal mehr oder weniger in seinen negativen Gedanken gefangen, hat sich schlecht gefühlt und wusste nicht, wie man da wieder raus kommt.
Ich möchte dir eine kurze, schnelle und effektive Übung zeigen, wie du Abstand zu negativen Gedanken und Gefühlen bekommst.
Mit dieser Achtsamkeitsübung gelangst du über deinen Körper in das Hier und Jetzt. Du kannst diese Übung überall (zu Hause, im Supermarkt in der Kassenschlange, im Bus, im Büro…) und jederzeit durchführen.
Ob du stehst oder sitzt: Spüre den Boden unter deinen Füssen. Richte deine Aufmerksamkeit auf deine Füße und spüre den Boden. Stell dir vor, du wärst ein großer starker, mächtiger Baum mit starken Wurzeln. Fest verankert mit dem Erdboden. Nichts kann dich umwerfen. Du kannst deine Kraft aus dem Boden ziehen. Lenke deine Aufmerksamkeit immer wieder auf deine Füße, weg von den Dramen in deinem Kopf. Spüre den Boden unter deinen Füssen. Du bist kein Spielball deiner Gedanken. Spüre den Boden. Mach dir bewusst, dass du im Hier und Jetzt bist.
Führe die Achtsamkeitsübung täglich 1 x durch, so kann sie sich festigen und du kommst schneller aus negativen Gedanken und Gefühlen raus. In der Wiederholung liegt die Kraft.